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20.02.2006

In Brüssow bekommt nur jeder dritte im heiratsfähigen Alter noch eine Frau ab

Das traurige Dorf der verlassenen Männer

Brüssow - Anbaggern, abschleppen, wilden Sex haben. Das Leben ist so toll, wenn man ein junger Mann ist und die Frau fürs Leben sucht. Nur nicht unbedingt in Brüssow, zwei Autostunden von Berlin entfernt in der Uckermark. Denn hier sind junge Frauen Mangelware, und deshalb gibt es hier mehr Junggesellen als anderswo in Brandenburg.

"Das is nich doll mit den Mädels", klagt Michael Boldt (19). Er steht mit seinem Opel und ein paar Freunden auf dem Marktplatz, Zeit vertreiben. "Seit wir aus der Schule sind, sind die alle Richtung Großstadt verschwunden." Boldt ist seit eineinhalb Jahren solo, keine Aussicht auf Besserung. "Bei den Partys sind immer nur Kerle." Will Boldt weggehen? "Erstmal nicht."

"Die sind eben ängstlich", sagt Frauke. "Die Jungs bleiben hier, weil sie Angst haben, sich um ihre Wäsche selbst kümmern zu müssen." Frauke und ihre Freundinnen stehen vor ihrem Schulabschluss. Sie wollen ein gute Ausbildung oder studieren. Keine wird in Brüssow bleiben.

Frauke, Janine, Sarah (hinten, von links), Sina, Stefanie, Anne Katrin (vorne, von links) werden nach der Schule weggehen. (Foto: Uhlemann)

 

 

So ist das hier. Mädchen gehen, Jungs warten ab. Es ist die Gegend der verlassenen Männer. Die – amtsdeutsch – "Sexualproportion" für Herren im Heiratsalter sieht düster aus. Auf 140 kommen nur 100 Frauen. In Brüssow ist das heute schon so, in vielen anderen Gegenden Brandenburgs wird das auch noch passieren, sagen Experten.

Eine längere Beziehung hätte es bei ihm noch nicht gegeben, sagt Martin Felbrich (44), zuckt die Schultern. Er hat ein freundliches Gesicht, trägt Zopfmuster auf Strickweste. "Das ist eben schwierig mit den Frauen. Man findet hier nicht so leicht eine, die frei ist und zu einem passt."

Felbrich führt die Tischlerei der Stadt in vierter Generation. Für die vergangenen Generationen immer ein sicheres Auskommen, ein Ehefrauen-Magnet. Heutzutage ist das anders. "Von hier sind es nur ein paar Kilometer bis nach Polen", erklärt Felbrich. "Wer will da noch meine deutschen Preise bezahlen."

Die greisen Eltern wohnen mit im Haus, und da bleibt einem treuen Sohn ohnehin nichts übrig, als trotz aller Schwierigkeiten zu bleiben. "Das ist eben die Misere dieser Männer", sagt Ostforscher Rainer Land von der Technischen Universität. "Sie halten ihrem Elternhaus brav die Treue, während die Altersgenossinnen in der Ferne weggeheiratet werden. " KÖPF

Quelle: Berliner Kurier

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Berliner Kurier.