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02.05.2006

Brüssower Fundstücke im Jahrbuch 2004

Schätze unterm Straßenpflaster

von Helmut Caspar

Bei Bauarbeiten in Altstädten, der Verlegung von Versorgungsstraßen und Straßen und manchmal auch nur durch Zufall werden zahlreiche Hinterlassenschaften unserer Altvorderen entdeckt.

Mit Spaten, Kelle und Pinsel legen die Archäologen Siedlungsspuren, Gräber und Reste von Bebauungen frei. Was dabei in Berlin und dem Land Brandenburg ans Tageslicht kommt, schildert regelmäßig ein Jahrbuch, das von der Archäologischen Gesellschaft in Berlin und Brandenburg e.V. in Zusammenarbeit mit den Denkmalämtern beider Bundesländer herausgegeben wird. Die zeitliche Spanne reicht von der Steinzeit bis ins 20. Jahrhundert, von über 13 000 Jahre alten Steinwerkzeugen von Rentierjägern bis zu grausigen Fundstücken im nationalsozialistischen Konzentrationslager Sachsenhausen. Die Uckermark ist in dem reich illustrierten Band mit insgesamt über 50 Beiträgen gut vertreten. In der Heinrich-Heine-Straße in Prenzlau beispielsweise ergaben Grabungen im Zusammenhang mit der

Anlage eines Parkplatzes interessante Einsichten über die intensive Nutzung rückwärtiger Parzellenbereiche in eng bebauten Mittelalterstädten. Thomas Wüstefeld beschreibt eine Abfallgrube, deren Auskleidung aus Holz schon längst vergangen und nur noch an dunkler Bodenverfärbung erkennbar ist. Freigelegt wurde in einer anderen Grube ein Eichenstamm, dessen Alter mit Hilfe der Dendrochronologie mit „um/nach 1251“ angegeben wird. „Eine weiter gehende Erforschung der Befunde über den kurzen Bearbeitungszeitraum hinaus wäre wünschenswert gewesen“, stellt Wüstefeld fest. „Sie hätte sicher mehr Informationen zu den funktionalen und zeitlichen Aspekten geliefert und wohl einige interessante Funde zutage befördert. So bleibt nur eine Ahnung von dem, was auf den ehemaligen Prenzlauer Hinterhöfen trotz Kriegszerstörung und Geländebewegungen noch zu erwarten ist.“

Wie das nach einem verheerenden Stadtbrand von 1735 ganz neu aufgebaute Templin ursprünglich ausgesehen hat, ergaben Grabungen anlässlich der Sanierung der Kantstraße und von Leitungsverlegungen, über die ebenfalls Thomas Wüstefeld berichtet. Auch hier zeigt der Inhalt von ehemaligen Abfallgruben, wie der Hausrat der Bewohner beschaffen war, bevor die Stadt verbrannte und dann per königlicher Ordre ein ganz neues, rechtwinklig ausgerichtetes Netz von breiten Straßen mit einheitlicher Bebauung erhielt. Zu ihrer Überraschung fanden die Archäologen im Bereich der seinerzeit abgebrannten Schule sieben bauchige Glasflaschen, die nur deshalb das Inferno überstanden hatten, weil sie bis zum Hals in feinem weißem Sand steckten. Gleich neben der Kirche befand sich um eine Kirche herum ein Friedhof. Da fast keine Beigaben nachgewiesen werden konnten, wird vermutet, dass die meisten Bestattungen im Mittelalter stattfanden.

Dass die Gegend um Passow bereits in der Steinzeit besiedelt war und auch sonst ein für Archäologen interessantes Terrain ist, schildern im vorliegenden Jahrbuch Erwin Cziesla und Marcus Schneider. Bevor eine Ortsumfahrung angelegt wurde, waren Archäologen zur Stelle und nahmen zahlreiche Sondagen und Grabungen vor. Sie bestätigen eine kontinuierliche Besiedlung des Welsetals seit der Trichterbecherkultur bis in die Slawenzeit hinein. Auch in Brüssow, das im Norden des Landkreises Uckermark liegt, wurden Straßenbauarbeiten von Archäologen fachlich begleitet. Jens Schneeweiß stellt in seinem Beitrag fest, dass das Ackerbürgerstädtchen in seiner Geschichte viel erdulden musste. Als Beleg für den vollkommenen Niedergang des Städtchens wird die Spärlichkeit der Funde und Befunde aus nachmittelalterlicher Zeit bis ins 19. Jahrhundert angesehen.

Quelle: Uckermark Kurier

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.