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21.07.2006

Besuch im Brüssower "Haus am See"

„Viele Senioren vergessen das Trinken“

von Claudia Marsal

uckermark. Auf dem Tischchen von Ruth Schubel türmen sich dosenweise Erdbeeren, Himbeeren und Pflaumen. „Du brauchst viel Frisches bei dem Wetter“, sagt die Schwiegertochter aus Neubrandenburg und gießt auch nochmal einen Schluck Wasser ein.

„Davon gibt‘s ja reichlich hier“, lobt der Sohn, „die Schwestern füllen den Kasten regelmäßig nach“. Seine Mutter, eine 84-jährige Schlaganfallpatientin, lebt seit 2004 im Brüssower „Haus am See“, der Altenpflegeeinrichtung der Stephanusstiftung, und fühlt sich pudelwohl. Selbst bei der extremen Hitze, wie sie sagt. Denn es seien alle Mitarbeiter bemüht, die Senioren so gut wie möglich durch die belastende Zeit zu bekommen.

Dazu gehöre, so Leiterin Petra Köppe, auch die Überwachung der jeweiligen Trinkmenge. Alle Mitarbeiter hätten die Order, jeden Schluck, der verabreicht werde, in so genannten Trinkprotokollen festzuhalten. „So haben wir immer den Überblick“. Viele Bewohner vergäßen nämlich schlichtweg, zur Wasserflasche zu greifen. Andere seien dazu körperlich nicht mehr in der Lage und darum dringendst auf die Unterstützung des Pflegepersonals angewiesen. Dass hier mal jemand verdurste, so wie 2004 mehrfach in französischen Heimen vorgekommen, hält Petra Köppe für unvorstellbar.

„Wir sind uns unserer Verantwortung für die älteren Menschen bewusst und handeln danach“. Dazu zähle auch, dass die Bewohner jeden Abend geduscht und dass Zimmer und Flure durch regelmäßiges Lüften annehmbar temperiert würden. Vom Sitzen im mediteran gestalteten Innenhof rate sie gegenwärtig ab. „Dort ist es zu heiß, wir haben statt dessen viele Bänke an der schattigen Nordseite aufgestellt“. Zum Glück seien auch alle Zimmer mit Jalousien ausgerüstet, so dass es sich dort gut aushalten lassen. Das sei wichtig vor allem für die, die ans Bett gefesselt seien.

So wie Gregor Krenz aus Fürstenwerder. Der 82-Jährige lebt allerdings nicht im Heim, sondern wird daheim von Ehefrau Getrud betreut. Mit tatkräftiger Unterstützung des elfköpfigen Pflegedienstes von Gudrun Küster aus Arendsee. „Allein würde ich das gar nicht schaffen, bei dieser Hitze macht mein Kreislauf ja ebenfalls schlapp“, seufzt die 80-Jährige. Sie sei so froh, dass die Schwestern dreimal am Tag kämen und ihr die Hauptarbeit abnähmen. Beispielsweise das Wechseln der Verbände und der Bettwäsche, die zurzeit ständig klatternass sei. Diesmal bekommt der beinamputierte Patient einen Bezug mit Rosenmuster aufgezogen. Er strahlt. „Jetzt noch ein paar Schlückchen aus der Schnabeltasse, dann geben wir Ruhe“, scherzt Pflegedienst-Chefin Gudrun Küster und streicht ihm das feuchte Haar aus der Stirn. Sie weiß, dass die meisten der von ihnen Betreuten enorm unter der akuten Hitze leiden. Und nicht alle haben es so gut wie Gregor Krenz, dessen Frau ständig in der Nähe ist, beispielsweise

wenn er mal Durst hat. Einige leben ganz allein. „Denen gilt zurzeit unser Hauptaugenmerk“, versichert die ehemalige Gemeindeschwester. Sie sei es noch aus DDR-Zeiten gewöhnt, dass man in schwierigen Fällen ständig nach dem Rechten zu sehen habe, auch wenn die von der Kasse bezahlten (im Höchstfall fünf) Hausbesuche pro Tag schon absolviert seien. „Dann fahren meine Mitarbeiter trotzdem noch mal ran“, weiß Gudrun Küster ihr Team in punkto Fürsorglichkeit hundertprozentig hinter sich. Zum Dank gibt‘s an besonders heißen Tagen auch schon mal ein dickes Eis von der Chefin. Diese Leckerei ist zwar nicht ganz der Fall von Schwester Beate, „dafür decke ich mich aber reichlich mit Wasser ein“, verrät die Uckermärkerin. Wer wie sie in einer Schicht bis zu 130 Kilometer im oft glutheißen Auto (die Klimaanlage nützt bei ständigem Ein- und Aussteigen nur wenig) zurückzulegen habe, der müsse drauf achten, dass der eigene Flüssigkeitshaushalt stimme. „Nicht auszudenken, wenn wir auch noch

abklappen würden“, sagt sie zu Gertrud Krenz gewandt. „Ne, bloß nicht. Tun Sie uns das nicht an“, gibt die zurück und drückt die Schwester kurz an sich. Dann muss sie sich wieder setzen. „Obwohl die Wohnung noch recht kühl ist, läuft der Schweiß in Strömen“.

Die Knirpse in der Kita „Kinderland“ haben es da schon besser. Gleich nach dem Frühstück stürmen die Mädchen und Jungen in das großzügig angelegte Freigelände, wo die Matschecke und der lange Sprühschlauch nebst Badewannen Abkühlung verheißen. „Wir wandern hier immer mit der Sonne mit, stets auf der Suche nach Schatten. Dank der vielen großen Bäume und Zelte gibt es davon ja reichlich hier“, freut sich Leiterin Gisela Lange.

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.