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09.09.2006

Altbischof Albrecht Schönherr war Pfarrer in Brüssow

Mittler in konfliktreicher Zeit

Von Hans-Jürgen Röder, epd

Berlin. Der Berliner Altbischof Albrecht Schönherr vollendet am Montag sein 95. Lebensjahr. Der Bonhoeffer-Schüler hat eine der schwierigsten Epochen in der Geschichte der evangelischen Kirche miterlebt und mitgestaltet.

Als Generalsuperintendent von Eberswalde versuchte er die Kirche in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts aus der lähmenden Alternative zwischen Anpassung und Verweigerung zu lösen, um einen eigenständigen Weg in der atheistisch geprägten DDR-Gesellschaft zu gehen. Die Kurzformel „Kirche im Sozialismus“ stieß jedoch vor allem bei kirchlichen Mitarbeitern auf Ablehnung. Sie empfanden die Formel als Anpassung an die politisch Mächtigen, so der Vorwurf von Kritikern. Doch angepasst ist der im oberschlesischen Katscher geborene Schönherr nie gewesen – weder in den Vorkriegsjahren als Pfarrer der Bekennenden Kirche im uckermärkischen Brüssow noch nach Kriegsende als Superintendent in Brandenburg oder in den 50er-Jahren als Direktor des dortigen Predigerseminars. Auch als Generalsuperintendent in Eberswalde und danach als Bischof in Ost-Berlin ist er seinen eigenen Weg gegangen. Dazu gehörte für ihn auch, Berührungsängste zum Staat abzubauen und seinen Vertretern so

glaubwürdig und offen wie möglich zu begegnen.

Geprägt hat ihn vor allem die Begegnung mit dem Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der sich nicht nur mit aller Konsequenz der Nazi-Herrschaft entgegenstellte, sondern in der ihm eigenen Radikalität auch für glaubwürdiges Reden und Handeln der Kirche eintrat. Für Schönherr hieß das, sich auf die jeweilige Situation einzulassen und sie als Ort der Bewährung anzunehmen.

Dieses Ziel war es auch, das ihn Ende der 60er-Jahre zum Fürsprecher eines eigenen Weges der acht ostdeutschen Landeskirchen werden ließ. Der Preis dafür war zwar eine rechtlich-organisatorische Trennung von der bis dahin gesamtdeutschen Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Weg eröffnete aber auch für die Christen und ihre Gemeinden in der DDR neue Arbeitsmöglichkeiten.

Höhepunkt und Bestätigung dieses Weges war zweifellos das Gespräch mit Staats- und Parteichef Erich Honecker am

6. März 1978. Denn es brachte nicht nur eine Reihe Zugeständnisse für die Arbeit der Kirchen, sondern signalisierte auch, dass Kirche und Christentum Teil der Gesellschaft waren und entsprechende Achtung verdienten.

Dabei hat sich Schönherr nie als Fürsprecher vornehmlich kirchlicher Interessen verstanden, sondern als Teil der Gesellschaft, für die er auch Verantwortung zu tragen bereit war.

Quelle Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.