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27.09.2006

Woddower Rentner fühlen sich wohl

„Wir sehen alles, was hier vor sich geht“

von claudia marsal

woddow. Wenn Erich Lipke morgens aufsteht, dann führt sein erster Weg zum Briefkasten. Mit dem Uckermark Kurier und einer Tasse Kaffee auf dem Frühstückstisch läutet der 76-Jährige zu Hause seinen Tag ein.

Spätestens nach dem Mittag aber macht er sich auf in die Bagemühler Straße 1. Auf der Bank vor der Kirche wartet dann in der Regel schon Willi Köster (67) auf ihn. Die beiden Männer sind zusammen aufgewachsen und haben später jahrzehntelang in der LPG „Junge Garde“ miteinander gewirkt, beide auf dem Traktor und beide gewöhnt, gebraucht zu werden. Heute sieht das etwas anders aus. Der Ruhestand zwingt sie dazu, sich nach neuen Betätigungsfeldern umzusehen. Vor allem Erich Lipke, der bereits seit langem Witwer ist. „Ich sollte nach dem Tod meiner Frau ja zu den Kindern nach Prenzlau ziehen, aber ich wollte nicht weg vom Dorf“, sagt der Ruheständler.

„Und so uninteressant, wie man vielleicht annehmen könnte, ist es hier ja gar nicht“, sind sich die beiden Männer einig. Sie müssen es wissen, schließlich wird der „Woddower Beobachtungsposten“ – eine Bank an der Dorfstraße in Richtung Bagemühl – ja schon seit Ewigkeiten von ihnen besetzt. „Sie glauben gar nicht, was wir hier alles mitbekommen. Wir sehen alles, was hier vor sich geht“, machen die Rentner aus ihrer Neugier keinen Hehl. Bös’ gemeint sei das allerdings nicht, versichern sie. Im Gegenteil, sie hätten nur ein gesundes Interesse daran, was in ihrer unmittelbaren Umgebung vor sich gehe. Denn die sei es ja, die ihr Leben mittlerweile ausmache. Ein Problem hätten sie mit dieser Provinzialität allerdings nicht. Und wer sie so entspannt nebeneinandersitzen sieht, schenkt dem sofort Glauben. „Uns hat es nie in die weite Welt gezogen. Das Dorf hat uns alles geboten, was wir brauchten. Na ja, zumindest damals noch. Wer heute hier im arbeitsfähigen Alter ist, der hat es schwerer“,

sind sie sich der Wandlungen auf dem Lande durchaus bewusst. In ihrer Familie seien zwar alle jobmäßig versorgt. „Aber man hört natürlich von vielen, die ihre Arbeit seit der Wende verloren haben.“ Ob die dann noch so relaxt und unbeschwert das Alter auf dem Dorf genießen könnten, sei dahingestellt.

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.