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02.04.2007

ZUM 200. TODESTAG VON JAKOB PHILIPP HACKERT

Maler, Maler, du musst wandern

Von Oliver Spitza

Von Königsberg über Brüssow und Prenzlau in die weite Welt – die Lebenswege der Hackert-Dynastie

Wenn man am 28. April in Prenzlau den 200. Todestag von Jakob Philipp Hackert begeht, dann würdigt die Stadt ihren berühmtesten Sohn. Und wird dennoch damit dem Namen Hackert nicht vollauf gerecht, denn zur Künstlerdynastie gehörten zumindest auch Großvater Peter, Vater Philipp Hackert d. Ä. sowie die vier Brüder des späteren Hofmalers von Neapel.

Während über Philipp Hackert (1737–1807) nach der Wende zahllose Artikel und Bücher erschienen sind, die Auktionspreise seiner Werke in die Höhe schossen und er aktuell mit Ausstellungen in Moskau und Berlin geehrt wird, ist die Forschung zum Thema Familie Hackert nicht über den Stand von Bruno Lohse („J. P. Hackert – Leben und Anfänge seiner Kunst“, Emsdetten, 1936) und Rolf Seiler („Der Traum vom irdischen Paradies“, 1995) hinausgekommen.

Fakt ist: Die Höfe, egal wie groß und bedeutend, zogen die Künstler an. Mangelte es dem Herrscher an Kunstverstand, fehlten bald auch die Künstler.

Großvater Peter Hackert stammte aus Königsberg. 1701 hatte sich der hier geborene brandenburgische Kurfürst Friedrich III. (1657–1713) zum „König in Preußen“ gekrönt, das Machtzentrum zu diesem Zeitpunkt aber schon lange nach Berlin verlagert, die Künstler folgten. Der König, nun Friedrich I., gründete in Berlin die Kunstakademie (1696) und Gesellschaft der Wissenschaften (1700), baute das Stadtschloss zur Barock-Residenz aus, errichtete Zeughaus und Charlottenburger Schloss. Misswirtschaft und Finanzskandale prägten seine Regierungszeit. Sein Enkel Friedrich II. warf ihm später Verschwendungssucht vor, allein die Hofhaltungskosten betrugen 1712 über 560 000 Taler bei einem Staatsbudget von 4 Millionen Taler.

Kurz nach Friedrichs Tod am 25. Februar 1713 verbot sein Sohn, Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688–1740), jeden Prunk und Pomp und vertrieb damit Künstler und Handwerker aus Berlin. In diesem Kontext ist auch der „Kunst- und Staffiermaler“ Peter Hackert zu sehen. Ob er für den königlichen Hof gearbeitet hat, lässt sich nicht mehr beweisen. Nachweisbar hingegen ist seine Heirat mit Sophia Elisabeth Wenzel am 4. Juni 1708 im Berliner Dom. Die Eheleute hatten sieben Kinder, der älteste Sohn, Jakob Philipp, wurde am 13. April 1712 in der Parochial-Kirche getauft. Kurz danach ist die Familie in die Uckermark gezogen. Zuerst wohnte man in Brüssow, wo Peter Hackert mit der Ausmalung der Kirche beschäftigt gewesen ist. Hier kam 1722 sein zweiter Sohn Johann Gottlieb zur Welt. Wenig später muss die kleine Familie nach Prenzlau gekommen sein, denn Tochter Sophia Christina (1724) und Sohn Friedrich Wilhelm (1726) – beide früh verstorben – wurden schon in der damals etwa 5000 Einwohner zählenden Ackerbürgerstadt geboren.

Diese erlebte dank des Militärs gerade eine Blütezeit. Seit 1724 beherbergte die Stadt das Regiment des Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt. Das war die Chance für Jakob Philipp d. Ä., der vom Kommandeur als Porträtmaler angestellt wurde. Am 21. August 1736 heiratete er die 16-jährige Margaretha Cunigunda, jüngste Tochter des Buchbinders und Stadtgerichts-Assessors Johann Meister. Ein Jahr später kam Jakob Philipp Hackert zur Welt. Die Familie blieb nicht auf Dauer in Prenzlau. Die Kriege Friedrich II. jagten das Regiment durch halb Deutschland, für den Porträtmaler blieb wenig zu tun. In den 1760er-Jahren verließen die Hackerts Prenzlau, Jakob Philipp d. Ä. starb 1768 in Berlin.

Da war sein Sohn schon kein Unbekannter mehr. Während seiner Pariser Zeit (1765–1768) bewältigte Jakob Philipp sein Auftragsvolumen nicht mehr allein und holte seinen am 9. November 1744 in Prenzlau geborenen Bruder Johann Gottlieb nach. Gemeinsam machten sie sich Ende August 1768 auf den Weg nach Rom und suchten dort, in der Ewigen Stadt, ihr Glück. Die Touristen rissen sich um die „Aussichten nach der Natur“, kauften und bezahlten im Voraus.

Im Sommer 1772 reiste Johann Gottlieb nach England, um Bestellungen auszuliefern. Der Klimawechsel setzte ihm schwer zu, trotz eines Kuraufenthaltes in Bath starb er kurz vor seinem 29. Geburtstag auf der Insel. „John Hacket was buried in the church“, lautet der Eintrag vom 26. Oktober 1773 im Begräbnisregister der St. James Cathedral von Bath.

Rolf Seiler (1919–1996) vermutete, dass im Frühjahr 1772 gleich vier Hackert-Brüder in Rom versammelt gewesen waren. Denn Jakob Philipp hatte auch Friedrich Wilhelm (geboren am 2. Juni 1748) und Carl Ludwig (geboren am 28. April 1751) zu sich gerufen. Auch ihnen sollte das Schicksal nicht hold sein. Nach dem überwältigenden Erfolg der Tschesme-Bilder, die den Sieg der russischen Flotte über die türkische Armada (1770) glorifizierten, sah sich Jakob Philipp den Offerten des Zarenhofes gegenüber. Da er aber das sonnige Italien keinesfalls aufgeben, die russischen Auftraggeber aber auch nicht verprellen wollte, schickte er Friedrich Wilhelm als Historienmaler und akademischen Zeichenlehrer Ende 1775 nach St. Petersburg. Er starb bereits 1780, keine 33 Jahre alt.

Carl Ludwig genoss den Unterricht seines ältesten Bruders und machte sich 1775 in der Schweiz selbstständig. Drei Jahre später trafen sie sich letztmals in Genf. Nach dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen (1798) und der Ausrufung der Helvetischen Republik geriet Carl Ludwig wohl in enorme finanzielle Schwierigkeiten. „Er schied im Oktober 1798 bei Morges am Nordufer des Genfer Sees freiwillig aus dem Leben“, so Seiler.

Nach dem Tod von Johann Gottlieb und der Abreise von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig war Jakob Philipp wieder allein in Rom, die Arbeit aber nicht weniger. Deshalb ließ er seinen jüngsten Bruder Georg Abraham (geboren am 17. Oktober 1755 in Prenzlau) kommen, der gerade seine Ausbildung als Kupferstecher abgeschlossen hatte. Seine Drucke machten Hackerts Werke noch populärer und die beiden Prenzlauer noch reicher. Georg leitete zudem die Geschäfte, betrieb eine eigene Kunstdruckerei und Papierfabrik. Als Jakob Philipp 1786 für jährlich 2000 Dukaten zum Hofmaler in Neapel avancierte, bekam auch Georg eine mit 800 Dukaten besoldete Stelle als „königlicher Kupferstecher“.

Als die Franzosen 13 Jahre später in Neapel einrückten, flüchteten die Brüder in der Nacht zum 19. Mai 1799 und versuchten in Florenz an alte Erfolge anzuknüpfen. Tatsächlich konnten sie einen Teil der erlittenen Verluste wieder wettmachen. Georg aber starb bereits am 4. November 1805 und wurde in Livorno beigesetzt.

„Er verdient den ersten Rang“

„Unermüdet fleißig hat er eine fast unglaubliche Anzahl Werke geliefert. ... Als Aussichtenmaler verdient Hackert unsers Erachtens den ersten Rang; keiner hat mit gewissenhafter Treue soviel Kunst verbunden, man findet in seinen Bildern bloß einige etwas harte Stellen und zuweilen grelle Farbentöne zu tadeln, allein die Lüfte sind leicht und hell, der Baumschlag durchaus meisterhaft, charakteristisch abwechselnd, die Pflanzen des Vordergrundes gewöhnlich sehr schön ausgeführt, und die mehr zurückliegenden Gegenstände, besonders Berge, in nicht großer Entfernung unübertrefflich wahrhaft. Hackert hat ohne Widerrede den bedeutendsten Einfluß auf die Richtung gehabt, welche die Landschaftsmalerei seither genommen.“ Johann Wolfgang von Goethe: Winckelmann und sein Jahrhundert, 1805.

Quelle: Uckermark Kurier

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.