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01.09.2008

Klassentreffen in Brüssow

Wiedersehen nach halbem Jahrhundert

Von Monika Strehlow

Brüssow. „Ich glaube, ich hätte keinen von Euch erkannt“, lächelt Günter Rußack. An diesem Sonnabendnachmittag strahlt der Lehrer im Ruhestand „aus allen Knopflöchern“. Das ist dem 79-Jährigen nicht zu verübeln, hat er doch die gesetzten Damen und Herren vor einem halben Jahrhundert zum letzten Mal gesehen.

Den 50. Jahrestag ihres Abschieds aus Brüssow nahmen die ersten Absolventen der Mittelschule Brüssow zum Anlass, den Ort, an dem sie zusammengewürfelt wurden, noch einmal in Augenschein zu nehmen. Erika Schreiber, die Organisatorin des Treffens, zum Beispiel lebt heute bei Vierreck. „Wir haben von 1956 bis 1958 als erster Jahrgang die Mittelschule besucht und viele schöne Erinnerungen an diese Zeit.“ 1988 gab es das erste Klassentreffen, dann noch eines. Jetzt wollen sich die in ganz Deutschland verteilten knapp über 20 Mittsechziger alle zwei Jahre wiedertreffen. Noch so viel Zusammenhalt nach zwei Jahren, die so lange zurückliegen? „Ja, wir sind nicht nur gemeinsam in die 9. und 10. Klasse gegangen, sondern haben auch alle hier im Internat gelebt. Das schweißt zusammen“, ist Erika Schreiber überzeugt.

Das Internat befand sich im Mansardengeschoss des ehemaligen Gutshauses von Brüssow. Hier hatte wenige Jahre zuvor noch Generalfeldmarschall von Mackensen gewohnt. „In den Apriltagen 1945 brannte bei den Kämpfen um Brüssow das Schulgebäude aus“, erzählt Günter Rußack, der selbst 1946 als Junglehrer nach Brüssow beordert wurde – und seitdem hier arbeitet und lebt. So wurde die Volksschule nach dem Krieg im alten Pfarrhaus untergebracht – mit über 500 Schulkindern, viele darunter aus den Flüchtlingsfamilien. „Im Mai 1947 zog die Schule ins ehemalige Gutshaus. 1956 wurde sie Mittelschule und rund 30 Kinder wohnten im Internat“, erinnert der ehemalige Erdkundelehrer Rußack.

Natürlich begab sich die Gruppe als erstes auf einen Rundgang durch Brüssow, strebte zu ihrer alten Schule. Dort staunten die Damen und Herren über so manche Veränderung, für die auch Bildhauer Volkmar Haase und seine Frau Ingrid seit ihrem Einzug hier gesorgt haben. In den Gesprächen wurde schnell klar, wie sich die Dinge in der Erinnerung verändern. So hatte Rußack den ersten Schuldirektor Erich Schwierplies anders erlebt, als die Schüler. Oder Albert Guhl, den Klassenlehrer.

Heute kann Günter Rußack getrost gestehen, dass Klaus Steppuhn für ihn der „Lieblingsschüler“ war. Fast verlegen wehrt dieser ab. „Ich war ein Heimkind, habe viele Sorgen bereitet“, deutet der Meister für Heizung, Lüftung, Sanitär sein Schicksal an – Vater von russischen Soldaten umgebracht, groß geworden bei den Großeltern, denen die Erziehung über den Kopf wuchs. „Die Zeiten damals waren wirklich nicht einfach“, resümiert Rußack für sich ein Stück Brüssower Geschichte.

Für den ersten Jahrgang der Mittelschule war es ein aufregender, interessanter Tag, den er in Rothenklempenow ausklingen ließ.

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.