13.01.2010 Gerhard ElvertSchreiben hat ihn am Leben erhaltenVon Monika Strehlow Brüssow. Gerhard Elvert hat erneut ein autobiografisches Buch vorgelegt. Mit "Wahre Geschichten aus meinem Leben" gesellt er dem and "Ein oft verrückter Lebensweg" von 2004 eine weitere hinzu. Der in Brüssow lebende 84-Jährige hat als Kind des 20. Jahrhunderts alle Brüche der Jahrzehnte miterlebt und auch gestaltet. 1925 im oberschlesischen Dambrau (Kreis Falkenberg) geboren, überlebte er als einziger seiner Schulklasse den Krieg. Ein Arbeitsunfall in der Molkerei seines Großvaters raubte ihm ein Bein, sodass er nicht eingezogen wurde. Landwirtschaftsschule, nach 1945 Anstellung im Landratsamt Osterburg - damals der größte Landwirtschaftskreis -, Lehrtätigkeit an der "Deutschen Verwaltungsakademie" in Forst Zinna, Staatsexamen, stellvertretender Landwirtschaftsminister der DDR, Promotion in Berlin, Direktor des uckermärkischen Volkseigenen Gutes Klockow und Vorsitzender der LPG Bergholz bei Brüssow waren berufliche Stationen. Wer Schriften Elverts kennt, etwa die fünfteilige Dokumentation über die Geschichte Klockows, die der Uckermärkische Geschichtsverein zu Prenzlau e.V. in fünf Mitteilungsheften ab 1998 veröffentlichte, weiß, dass der Autor Berichterstatter wie Urteilender gleichermaßen ist: immer mit Respekt vor andererMeinung, seine eigene mit Fakten untermauernd. "Absolute Objektivität kann wohl nie erreicht werden. Jede Berichterstattung ist letztlich subjektiv. Das ist die Schwäche, möglicherweise aber auch eine Stärke autobiografischer Arbeiten", antwortet er auf Heinrich Mann, der in "Ein Zeitalter wird besichtigt" schrieb: "Eine Autobiografie sieht am besten von seinem Urheber ab, wenn es anginge." So reiht Elvert wie in einem Kaleidoskop Szenen verschiedener Gesellschaftsordnungen aneinander. "Reminiszenzen an Dambrau" titelt er das erste Kapitel aus einer glückliche Kindheit, schöpft dabei auch aus Gesprächen mit Großeltern und Eltern. "Es war merkwürdig. Nach der Wende erhielt ich wieder Kontakt zu ehemaligen Dambrauern, die sich alle in Westdeutschland niedergelassen hatten", erzählt er dem Uckermark Kurier. "Wir konnten uns an jede Einzelheit erinnern, obwohl diese so weit zurücklagen, und wir alle empfanden diese Jahre am schönsten." Die Trennung von der Heimat habe zu den größten Unglücken des Lebens gehört. Fesselnd berichtet Elvert Geschichten, die sich niemand ausdenken kann - etwa um seinen Vorgesetzten Waldemar Baumert, Oberinspektor des Dominium Marschwitz, den er nach dem Krieg wiedertrifft. Breiten Raum erhält in den "...drei Leben" die Klockower Zeit, gehört sie doch zu den produktivsten Jahren, die das Familienleben mit seiner Frau Gertrud, der er ein besonders Kapitel widmet, und den vier Kindern prägen. Intensiv widmet er sich der Zeit nach 1990, während der er in den Geschichtsverein eintritt und ihn wieder verlässt, während der er als stigmatisierter Leitungskader der DDR manche Anfeindung erfährt und erwidert. Gerhard Elvert lässt sich in keine Schublade schieben - nicht in dem, was er beruflich geleistet hat, aber auch nicht als Autor. Eigentlich hätte er nach 2004 die Feder aus der Hand legen und mit seiner Frau "den letzten Lebensabschnitt in heiterer Gelassenheit verbringen" können. Doch das kam für ihn nicht in Frage. "Die Arbeit an diesem Buch hat mich am Leben erhalten, sonst wäre ich jetzt nicht mehr", berichtet er vom Verlust seiner Frau, von schweren Operationen. Heute sind die vier Kinder mit ihren Familien, die zwölf Enkel und "dreieinhalb Urenkel, eines wird im Februar erwartet", seine ganze Freude. Und der Stolz auf das neue Buch, eine Aufgabe der er sich unerbittlich gestellt hat und das er auf Lesungen vorstellen will. Vermutlich wird Elvert eine nur kurze Schreibpause einlegen, trägt sich mit dem Gedanken, über Bernhard Mätzke zu schreiben, der von 1895 bis 1932 als Klockower Lehrer ganze Generationen prägte. Quelle: Prenzlauer Zeitung Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier. |