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23.07.2010

Rothe Haus:

Verbleib der Kinder hinterfragt

Von Heiko Schulze

Brüssow. Die Sanierung und Erweiterung des traditionsreichen "Rothe Haus" in Brüssow, über die der Uckermark Kurier berichtete, nahm das Brüssower Ortsbeiratsmitglied Peter Huth zum Anlass, die Geschichte des Hauses näher zu hinterfragen.

"Bevor man ein neues Kapitel eröffnet, sollte man vielleicht ein älteres genauer betrachten", verweist Huth auf die Erinnerungen des Bonhoefferschüler Albrecht Schönherr, der seine erste Pfarrstelle ab 1937 in Brüssow hatte und später Bischof in der DDR wurde. In seinen Erinnerungen habe Schönherr geschrieben: "Sogar eine diakonische Einrichtung hatten wir in Brüssow. Die Innere Mission unterhielt im Haus am See ein Heim für schwerstbehinderte Kinder. Die Leiterin, Schwester Ida, haben wir sehr geschätzt. Ich habe sie bewundert, dass sie mitten in diesem Elend - unter Kindern, die den ganzen Tag nur eine Bewegung machen konnten - heiter sein konnte. Mich brachte der Anblick dieser Kinder bis an die Grenze des Glaubens."

Diese Kinder seien nach Aussagen eines anderen Zeitzeugen Anfang der 40er alle verschwunden, so Huth: "Es bleibt zu klären, wohin und ob sie eventuell Opfer des Euthanasieprogrammes der Nazis wurden." Schönherr habe in seinen Erinnerungen dieses Thema nicht mehr angesprochen. Die Verantwortung für die Einrichtung in Brüssow wurde der Stephanus-Stiftung Anfang der 70er Jahre übertragen. Bis dahin unterhielt der "Kirchliche Erziehungsverband der Provinz Brandenburg - Berlin e.V." das "Rothe Haus" in Brüssow.

Der Uckermark Kurier befragte dazu Martin Jeutner, Pressesprecher der Stephanus-Stiftung mit Sitz in Berlin. "Nach unserem Kenntnisstand wurden die behinderten Kinder 1942 von Brüssow nach Bad Freienwalde in das das dortige ,Waldhaus' verlegt. Begleitet wurden sie von der Diakonisse Schwester Gabriele Kirchner, nach der heute ein Gebäude in Bad Freienwalde benannt ist", berichtet Jeutner. Das in Bad Freienwalde bis dahin betriebene "Knabenheim" sei dafür nach Brüssow umgezogen. Nach dem Krieg haben der Erziehungsverband seinen Namen in "Kinder Erziehungsverband Berlin-Brandenburg e.V." (KEV) geändert, mit einem Büro in Ostberlin: "Dieser war verantwortlich für den Unterhalt aller Einrichtungen in Ostberlin und Brandenburg, während der Grundstückseigentümer KEV seinen Sitz in Westberlin hatte.

"Das Waldhaus in Bad Freienwalde wurde ebenfalls Anfang der 70-er der Stephanus-Stiftung übertragen. Jedoch sei kein Archiv erhalten geblieben: "Soweit wir wissen, fiel das Archiv des ,Kirchlichen Erziehungsverband der Provinz Brandenburg e.V.' in Berlin dem Krieg zum Opfer." Bekannt sei lediglich, dass das Waldaus bis Kriegsende kranke und behinderte Kinder aufnahm und dazu auch zahlreiche verwaiste Flüchtlingskinder. "Die Stephanus-Stiftung würde es begrüßen, wenn sich ein Historiker mit der Geschichte der Häuser in Brüssow und in Bad Freienwalde näher befassen würde", versichert Jeutner.

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.