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13.11.2010

Kunst aus Brüssow

Edelstahl wogt an der Spree

Von Monika Strehlow

Skulpturen. Der Brüssower Bildhauer Volkmar Haase ist ein unermüdlich Schaffender. Eine Ausstellung in Berlin bekräftigt das eindrucksvoll.

Brüssow/Berlin. Wer den im uckermärkischen Brüssow lebenden Berliner Bildhauer Volkmar Haase kennenlernen will, sollte sich seine neue Präsentation "Abstraktion - Skulptur ein Gestus" im Berliner Kunstforum "Kunstallianz1" anschauen. Egal, ob sich der Besucher von der Elsenbrücke über die Spree oder vom S-Bahnhof Treptower Park dem Hochhaus der Allianz nähert: Schon von weitem machen Teile der überdimensionalen Skulpturen "Der vertikale Fluß" (2000), "Charybdis" (1994), "Das neue offene Dreieck" (2006) oder die "Woge vertikal in sich gedreht" (2003) auf seine neue Exposition aufmerksam.

Neben dem verklinkerten Wolkenkratzer wirken die Edelstahlplastiken fast schon klein. Dennoch kommt der Betrachter ins Staunen - ob der Monumentalität der Architektur wie der Kunst. Der Kunst eines Mannes, der zu den renommierten Stahlbildhauern Berlins und Deutschlands gehört.

Volkmar Haase ist einer der wenigen, der nicht über "Umwege" anderer Künste zu Eisen und Stahl fand. In den 1950er-Jahren studierte er an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, lernte er bei Hans Uhlmann (1900-1975) Formen und Gestalten, war Meisterschüler des Malers Prof. Max Kaus (1891-1977). Ersterer lehrte ihn "Grundlegendes, Abstraktion um ihrer selbst willen, Form als Absolutum, Schwarz-Weiß als Konzept, Raum- und Räumlichkeit, Strich - Fläche, hell - dunkel", berichtet Haase in seiner jüngsten Publikation "Skulpturen im öffentlichen Raum - Volkmar Haase" vom April 2010. Bei Kaus erfuhr er Malerei als Kunst. Doch die Malerei betrieb er "unentschieden". Der junge Mann experimentierte lieber mit Eisenplatten, die er Ätzungen unterzog, sie als Reliefplatten ausstellte. Schon 1949/50 zeichnete er an der Meisterschule für Kunsthandwerk in Berlin. Die Metallbildhauerei brachte er sich autodidaktisch bei.

"Rückblickend war das freie Arbeiten mit Eisen außerhalb der vertrauten Abläufe an der damaligen Hochschule ein Stück selbst gewählte Freiheit von einem, wie auch immer zu beurteilenden Lehrbetrieb", resümiert Volkmar Haase heute, nach fünfeinhalb Jahrzehnten erfüllten künstlerischen Schaffens. Dr. Jürgen Fitschen, Direktor des Landesmuseums Schloss Gottorf in Schleswig, der mit Haase seine nächste Ausstellung vorbereitet, schreibt im Katalog für "Abstraktion - Skulptur ein Gestus": "Offenbar fiel die Entscheidung für eine noch junge, kaum erprobte (in Deutschland schon gar nicht) Gattung der zeitgenössischen Kunst unwillkürlich, ohne großes Zögern. Und so entwickelte sich das Werk Haases dann auch ohne weiteren Zweifel und in nur denkbarer Stringenz, in jenen Tagen, in denen die Stahlplastik begann, die öffentlichen Plätze in Deutschland zu erobern."

Die aktuelle Ausstellung im erliner Treptower ist etwas Besonderes selbst für den anerkannten Berufskünstler Volkmar Haase, der von der Wirkung des Spree-Hintergrunds schwärmt. Zum einen weiß er um die bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst in der Allianz. Zum anderen misst er dem Zusammenklang seiner Skulpturen im Freiraum vor dem Treptower sowie in den unteren Etagen des Gebäudes wichtige Bedeutung bei. Die Wirkung sei vergleichbar mit der der noch umfangreicheren Ausstellung 1989 in der Spandauer Zitadelle. Dafür sind jetzt auch die neuen Werke einbezogen.

Werke, die vom kontinuierlichen Weg des Bildhauers im Ringen um das "Ungegenständliche" berichten. In den 1990er- Jahren und im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends werden seine Formen weicher, harmonischer, fließender bis hin zum Wogenthema, mit dem er frühere Themen aufnimmt, Legenden der griechischen Mythologie etwa von Laokoon oder Charybdis.

"Ich kämpfe schon ein Leben lang zwischen der Spannung der Formen und einer bestimmen Harmonie in der Gesamtheit", bringt Haase sein Credo auf den Punkt. In Brüssow, wo der Meister seit 2003 mit seiner Frau Ingrid lebt und arbeitet, gibt es Tage, an denen man ihm in der Werkstatt über die Schulter schauen kann. Unermüdlich steht er jeden Tag dort, streng nach Zeitplan lebend, sich seine Kräfte einteilend. Hier fühlt er sich ebenso wohl wie in der alten Heimat von Berlin-Kladow, wo er mit seiner Familie 38 Jahre lebte. An beiden Orten motiviert ihn das Gefühl, "zwischen Himmel und Horizont" die Werke aufstellen zu können. Meist hat er schon im Kopf, wie eine neue Skulptur aussehen soll, bevor er zum Schneidbrenner greift. Nur bei den ganz großen beginnt er mit einer Kleinplastik, auch um zu sehen, wie sich die Teile im Zusammenklang entwickeln.

"Seine Arbeit ist sein Leben", bestätigt Ingrid Haase, seine Gefährtin über die Jahrzehnte. Am 27. Dezember wird sie ihrem Mann zum 80. Geburtstag gratulieren können. Und das in der Gewissheit: Mit der neuen Berliner Ausstellung hat sich Volkmar Haase selbst ein würdiges Geschenk gemacht, eines, das allen offen steht.

Quelle: Uckermark Kurier

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.