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07.03.2012

Geschichte von Redaktion

Ein Fest des Wiedersehens

von Monika Strehlow

Auf den Spuren von Altbischof Albrecht Schönherr macht eine Wanderausstellung in Brüssow Station. Dort hat der Pfarrer und Bischof in zwei Gesellschaften von 1937 bis 1946 gewirkt – und ist bis heute unvergessen.

Brüssow Seit 65 Jahrzehnten hatten sich Günter Rußack und Barbara Schönherr nicht mehr gesehen. Dennoch erkannte die Pfarrerstochter ihren Neulehrer von Brüssow sofort. Bei dem heute 82-Jährigen dauerte es ein wenig länger, dann konnte er sich vor freudiger Überraschung kaum halten. „17 war ich damals, wurde erst zwei Monate später 18. Und sollte blutjung im Metier eine Pfarrerstochter unterrichten, die bestimmt schon alles wusste.“ Doch Barbara Schönherr winkte ab…

Solche Begegnungen gab es am Sonnabend in Brüssow einige. Denn die Wanderausstellung „Horizont und Mitte – Albrecht Schönherr Pfarrer und Bischof in zwei Diktaturen“ war am Ort der ersten Pfarrstelle Schönherrs angekommen. Erstellt zu dessen 100. Geburtstag am 11. September 2011, erinnerte sie bereits in der Berliner St. Thomas-Kirche und in der Friedrichstadtkirche sowie im Dom St. Marien Fürstenwalde an den Theologen, Bischof und Familienvater, und an den Menschen, der sich im Ruhestand endlich vielen anderen Interessen widmete.

In Brüssow hinterließen Albrecht und seine Frau Hilde tiefe Spuren in den Herzen. Während der schweren Nachkriegsjahre übernahm sie die Aufgaben des Pfarrers, in weißer Kittelschürze und Holzpantinen. Es sei wohl einmalig, dass ausgerechnet der russische Kommandant sie dazu aufgefordert habe, erinnerte Pfarrer Jürgen Henkys während der Begrüßung in der St. Sophien-Kirche.

Das Bauwerk selbst habe Schönherr restaurieren lassen und sehe heute noch so aus wie damals, meinte der junge Brüssower Pfarrer Matthias Gienke. Sein Großvater wiederum, der Altbischof der Pommerschen Evangelischen Kirche Horst Gienke, erzählte, wie ihn Albrecht Schönherr 1969 im Denken und Glauben verändert habe. Der Generalsuperintendent in Eberswalde wollte der Kirche im DDR-System einen eigenständigen Platz erhalten, stieß damit auf viel Widerstand. Gienke wollte auf der Konferenz der Kirchenleitungen in der DDR Schönherr umstimmen und sah sich schließlich selbst „bekehrt“. Als Vorsitzender der Konferenz hatte Albrecht Schönherr einen neuen Abschnitt der Kirche im Sozialismus gestaltet – was ihm nach 1989 viele übel nahmen, erinnerte der Initiator der Ausstellung Joachim Heise, Leiter des Instituts für vergleichende Staat-Kirche-Forschung. Er wird zum Internationalen Museumstag, dem 20. Mai, noch einmal nach Brüssow kommen und mit den Einwohnern an Albrecht Schönherr erinnern.

Leider ist „Horizont und Mitte“ nur bis 16. März im Gerätehaus der Feuerwehr zu sehen. Viel gäbe es zu berichten von den Schönherrs in Brüssow: Barbara, Oswald und Ursula verlebten hier ihre Kindheit. Oswald trat in die Fußstapfen des Vaters, war bis zur Wende Superintendent in Prenzlau. Natürlich ließen sich die Kinder den Eröffnungstag nicht nehmen. Auch der Jüngste der sechs Kinder, Johannes, wollte wissen, worüber seine großen Geschwister immer gesprochen haben.

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.