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27.07.2012

Leute

Auch bei Hitze schmeckt der Kuchen

Von Monika Strehlow

Aus Schwedt kommt Karna Klaus mit dem Verkaufswagen der Konditorei Schäpe bis nach Brüssow. Mittwochs und sonnabends sorgt sie so ganz nebenbei auch für eine Gelegenheit zum Schwätzchen der Kiezbewohner.

Brüssow.Wenn der Wagen der Konditorei Schäpe nach Brüssow kommt, eilen auch im Keulweg die Leute herbei. Aus vielen Hauseingängen des einstigen Neubaugebietes streben sie mit Tüten oder Beuteln zum Verkaufswagen, um sich frisches Backwerk zu besorgen. Schnell bildet sich eine kleine Schlange, in der jeder geduldig wartet, bis Verkäuferin Karina Klaus „Was darf’s denn sein?“ fragt.

Bis zu 160 Kilometer legt die junge Frau mittwochs und sonnabends auf dieser Tour zurück, wenn sie von der Oderstadt über die Dörfer in die nördlichste Kleinstadt der Uckermark fährt.

Das lohne sich schon allein der freundlichen Leute wegen, meint sie bestimmt. Die meisten fragen nach den „Ostbrötchen“, die Bäckermeister Frank Schäpe noch nach überliefertem Rezept backt. Aber auch die sogenannten Salzkuchen – aneinandergereihte schmale Salzbrötchen in einem Stück – seien sehr beliebt.

Von denen schwärmt auch Irmgard Berndt. Etwa alle zwei Wochen reiht sie sich in die Kundschaft ein. Schließlich ist das auch Gelegenheit für einen kleinen Schwatz vor der Haustür.

So erfährt der Uckermark Kurier, dass sie seit 56 Jahren in Brüssow lebt, 25 Jahre davon war sie bei der Post. Doch die Filiale in dem Kaiserlichen Postgebäude in der Puschkinstraße, das heute mehr als 110 Jahre alt ist, wurde 13. Dezember 1995 für immer geschlossen. Dieses Datum habe sie sich ganz genau gemerkt, schließlich klang damit auch ein Teil ihres Lebens aus. „Im Mai 1966 habe ich in der Post

als Zustellerin angefangen, heute bin ich über 70“, lächelt sie in Erinnerung an die vergangenen Jahre. „Am letzten Tag habe ich mir noch Briefmarken in unserer Post gekauft.“

Fünf Kinder zog sie mit ihrem Mann, der leider schon verstorben ist, groß. „Die sind alle hier zur Schule gegangen und alle etwas Ordentliches gworden.“

1980 hatte Familie Berndt die schöne neue Wohnung im Keulweg bezogen, konnte endlich der engen Dachwohnung über der Sparkasse ade sagen. Vor 15 Jahren dann gehörte mit der Grundsanierung durch die Wohnungsverwaltung Brüssow auch die Zeit der Ofenheizung der Vergangenheit an, sagt Irmgard Berndt heute noch froh über die Erleichterung.

„Der Enkel und meine Tochter kommen öfter mal vorbei“, fügt sie hinzu und packt ihre Brötchen in die Tasche. Dann lässt sie sich noch zwei Stück duftenden Pflaumenkuchen reichen, bezahlt und verabschiedet sich mit freundlichen Worten. Nicht jedoch, ohne Karina Klaus zu versichern: „Wenn das Bild in der Zeitung ist, hebe ich sie auf und bringe sie dir das nächste Mal mit.“

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.