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19.09.2012

Fußball Amateure

Zeitzeugnisse führen zum Jubiläumsfest

Von Armin Gehrmann

Feste soll man feiern, wie sie fallen, heißt es. Was aber, wenn man von einem Jubiläum weiß, es aber nicht taggenau belegen kann? Man feiert dennoch – so geschehen jetzt in Brüssow bei „100 Jahre Fußball“.

Brüssow.Manchmal hilft der Zufall, um einen Stein ins Rollen zu bringen. „Wir haben eine Plakette von 1937 gefunden, auf der ‚SC Brüssow 1912 – zu seinem 25-jährigen Jubiläum’ stand“, erzählt

Jan Muschinski. Ein seltener Beleg für die Sportgeschichte in der Region. Damit steht fest, dass es seit 1912 in der kleinen Stadt Brüssow einen Fußballverein gibt.

Zum Jubiläum „100 Jahre Fußball in Brüssow“ lag diese Plakette in einer von Jan Muschinski zusammengestellten Ausstellung mit Bildern, Pokalen, Wimpeln, Statistiken aus. Von so manchem Gast wenig registriert, lag vorn in der Reihe der Zeitzeugnisse ein vergilbtes Bild. Es belegte diesen Fakt auch. Die Bildunterschrift: Fußballwettspiele Männerturnverein (MTV) Prenzlau gegen Jugendverband Brüssow, 18. 8. 1912 / 8. 9. 1912 – 9:4.

Anzunehmen ist, dass der „SCB“ aus jener Jugendgruppe oder Anhängern dieser Gruppe hervor ging. Nachgewiesen ist, dass aus dem SC später die SG Brüssow, dann Traktor Brüssow und vor

22 Jahren SV 90 Brüssow wurde. Die Sportler um Egon Geister, dem heutigen Vorsitzenden, sind noch immer dabei, „Beweise“ zu sammeln. „Nicht nur über den Fußball“, so Geister. „Doch garantiert war er von Beginn an das Herzstück des Vereins. Vielleicht wird aus allen Fakten einmal eine Chronik.“

Die Brüssower hatten einst im „Hotel zum Schwan“ ein Vereinszimmer mit vielen Zeitzeugnissen des Brüssower Sports nach 1945. So lief 1950/51 der Wettkampfbetrieb in einer Kreisklasse Uckermark mit Mannschaften von Brüssow bis Fürstenberg/Havel, von Züsedom bis Wriezen. In dieser wurden die Brüssower Meister und stiegen in die Bezirksklasse Nordost Brandenburg auf. Dazu gehörten auch Holzwerke Gartz/Oder sowie Einheit Templin, dort spielte man unter anderem auch gegen Mannschaften wie Eintracht Gransee oder Lok Frankfurt/Oder. Berücksichtigt man, welcher Art die damaligen Verkehrsverbindungen waren, kann man erahnen, wie abenteuerlich so manche Punktspielreise für die Männer um Albert Sattler sowie den Gärtner-Brüdern Rudi und Werner wurde.

Nach der Gebietsreform in der damaligen DDR – Einteilung in Bezirke – rückte Traktor Brüssow zur Saison 1952/ 53 zusammen mit Lok Prenzlau und drei Mannschaften aus Mecklenburg-Vorpommern aus der ehemaligen Landesklasse in die neue Bezirksliga Neubrandenburg auf, die mit fünf weiteren Aufsteigern aus „MV“-Spielklassen komplettiert wurde. In der Premierensaison lagen Lok/Aufbau Waren und Turbine Neubrandenburg mit je 28:8 vorn. Die Uckermärker zierten das Tabellenende:

9. Traktor Brüssow 7:29 Punkte, 10. Lok Prenzlau 6:30.

Soweit in Kurzfassung die Anfangsjahre des Fußballs in Brüssow nach dem 2. Weltkrieg. Zu den mit besonderem Interesse verfolgten Ausstellungsstücken zählten neben vielen Pokalen auch solche Bilder wie jenes vom A-Jugend-Meister und Pokalsieger Traktor Brüssow im Spieljahr 1973/74 des Kreises Prenzlau, vom Schülermeister 1975 oder vom Bezirksliga-Aufsteiger Traktor Brüssow 1986. Dort wurde man zwar Letzter (31:114 Tore/8:52 Punkte), maß sich aber mit solchen Teams wie Bezirksmeister Motor Süd Neubrandenburg (49:11 Punkte), Einheit Templin (9./30:30) oder Lok/Armaturen Prenzlau II (11./28:32).

Nach der deutschen Einheit gehörten die Brüssower Kicker zur Spitze der Kreisliga des FK West Uckermark, wurden Dritter 1993, Meister 1994 (Verzicht auf den Landesklasse-Aufstieg) und wieder Dritter 1995. Später wirkten sich die demografischen Entwicklungen negativ auf das Leistungsniveau aus. 2001 stieg der SV 90 in die

1. Kreisklasse ab, schaffte den sofortigen Wiederaufstieg, 2007 erneut ein Abstieg, 2008 wieder rauf in die Kreisliga, von dort 2009 zurück in die Kreisklasse.

Die personellen Sorgen wurden größer. So gab es eine Fusion. Die Vereine in Brüssow und Carmzow sind zwar nach wie vor eigenständig, aber auf fußballerischer Ebene wurde die Spielvereinigung Brüssow/Carmzow gegründet. „Ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass dieser Schritt richtig war. Wir konnten zwei Teams im Spielbetrieb halten, wurden 2011/12 Dritter der 1. Kreisklasse, was ein positives Produkt dieses Zusammenschlusses ist“, urteilt Egon Geister.

Zum Jubiläum sprachen die Brüssower öffentlichen Dank aus. Im übertragenen Sinn standen nahezu 300 Jahre Fußballerfahrungen für ein Erinnerungsfoto beieinander, das vielleicht Eingang in die Chronik findet: Rudi Gärtner (83 Jahre) – seit 1946 im Verein, Ernst Kluge (73) – einst mehrere Jahre Trainer, Manfred Barsch (74) – der als Sportlehrer in Brüssow die Liebe zum runden Leder weiter gab, Manfred Beyer (74) – der seit 1962 zum Verein gehört und mehrere Ehrenämter bekleidete. Zu den Geehrten zählten wegen ihres großen Engagements auch Volker Fengler, Lutz Koppermann, Eugen Geyer und Dirk Stender.

Und es gab Jubiläumsspiele. In einem präsentierte sich vor rund 100 Zuschauern der fußballwillige Brüssower Nachwuchs (obwohl der Verein keine Junioren-Mannschaft hat), gegen den Penkuner SV. Das 0:7 konnte die Freude am Spiel in keiner Weise trüben. Außerdem trat die Traditionsmannschaft des SV 90 gegen „Die Ehemaligen (einst in Brüssow spielende Kicker) an. Auch dort war das Resultat klare Nebensache. Die Wiedersehensfreude überwog, denn etliche der Männer hatten hunderte Kilometer zurückgelegt, um wieder einmal alte Freunde zu treffen.

Quelle: Prenzlauer Zeitung

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Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Nordkurier.